Das Problem mit NFTs
Warum ich wohl kein Fan von NFTs mehr werde...
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NFTs, also "Non-Fungible-Tokens" werden seit neuestem gerne verwendet als eine Art Echtheits- bzw. Eigentumszertifikat für (digitale) Kunst, meistens Bilder. Der Hype um diese NFTs ist zweifelsohne sehr groß, sogar auf Twitter kann man bereits NFTs als Profilbild festlegen. Kurios wird das ganze allerdings damit, dass man mittlerweile schon "echte" Kunst, also nicht-digitale Kunst, als NFT erstehen kann. Eine digitalisierte Version von Gustav Klimts "Der Kuss" wird bereits als NFT angeboten. Genau genommen als 10000 NFTs, da das Gemälde hierfür in ein 100x100 Raster unterteilt wird. Aber welchen Sinn hat das, wenn doch ein NFT eigentlich als Eigentumszertifikat für digitale Kunst dienen soll?

Digitale Kunst vs. Nicht-digitale Kunst

Das Gemälde von Klimt ist wahrlich einzigartig. Eine perfekte Kopie davon zu erzeugen, die nie vom Original unterscheidbar wäre, ist nahezu unmöglich. Eine Kopie von einem digitalen Kunstwerk zu erstellen ist allerdings sehr einfach. Einmal Copy+Paste und man hat sofort die selbe Datei ein zweites Mal. Künstler, die digitale Kunstwerke erschaffen, sind hier also insofern im Nachteil, als dass ihre Kunst einfach repliziert werden kann, ohne dass man noch feststellen kann, wer denn im Besitz des Originals ist. Eine gewisse Exklusivität geht also verloren. Die unerlaubte Verbreitung kann man mit dem Einsatz von NFTs zwar nicht unterbinden, aber man kann damit versuchen, die Eigentumsverhältnisse zu regeln. Ähnlich wie mit herkömmlichen Kunstwerken kann es immer nur einen wahrhaftigen Eigentümer geben.

Jetzt ist es aber mit Gustav Klimts Kunstwerk "Der Kuss" so, dass das Original ein physisches Kunstwerk ist, das sich zurzeit in der Galerie Belvedere befindet. Das Original ist eindeutig von Kopien und Fälschungen zu unterscheiden und die Eigentumsverhältnisse sind klar geregelt. Man könnte meinen, man möchte hier die Eigentumsverhältnisse von Klimts Gemälde neu regeln, indem man das Werk in 10000 Teile unterteilt und an 10000 Leute verkauft. Da ein NFT ja im Normalfall ein Eigentumszertifikat ist, würde man dann also den Kuss in 10000 Teile zerschneiden und jedem Käufer seinen Teil zukommen lassen und das Gemälde, wie wir es kennen, wäre Geschichte. Das ist natürlich nicht der Fall. Vielmehr sollen hier Teile einer digitalen Kopie des Kunstwerks verkauft werden, was natürlich absolut keinen Sinn macht. Der Käufer hätte demnach ein Eigentumszertifikat für ein Kunstwerk, dessen Eigentümer er einfach nicht ist, da die digitale Kopie einfach kein eigenständiges Kunstwerk ist, sondern eben nur eine Kopie. Wozu also diese NFT-Aktion? Umweltschutzgründe können es wohl nicht sein.

NFTs und die Umwelt

Um ein solches Eigentumszertifikat sicher aufzubewahren, ohne dass dieses verändert werden kann, wird es auf einer Blockchain gespeichert. Eine Blockchain ist eine verteilte Datenstruktur, die naturgemäß auf sehr vielen Rechnern läuft, die natürlich alle Strom verbrauchen. Zurzeit arbeiten viele dieser Blockchain-Systeme noch mit der sogenannten "Proof of Work"-Methode. Wie diese genau funktioniert ist hier nicht weiter relevant. Tatsache ist aber, dass sie sehr viel Rechenleistung benötigt um Transaktionen auf der Blockchain zu verifizieren und zu validieren. Aber wie viel Strom wird dadurch genau verbraucht? Dazu gibt es verschiedene Schätzungen, die davon ausgehen, dass das Erstellen, das Anbieten und das Verkaufen eines NFTs insgesamt zwischen 100 und 200 kWh Strom verbraucht. Nimmt man nun an, dass für eine gewisse "Kunstaktion" gleich 10000 NFTs zeitgleich erstellt, angeboten und verkauft werden, so kann man sich den Stromverbrauch dafür einfach ausrechnen. Mit dem Strom, den die Initialisierung und der erste Verkauf von 10000 NFTs verbraucht, würde ein durchschnittlicher Haushalt ca. 500 Jahre auskommen.

Man geht davon aus, dass bei einer derartigen Blockchain-Anwendung ca. 475g CO2 und CO2-Aquivalente pro verbrauchter Kilowattstunde Strom freigesetzt werden. Für obiges Beispiel wären das also 712,5 Tonnen CO2 und CO2-Äquivalente. Das ist ungefähr die Menge, die 155 Autos innerhalb eines Jahres freisetzen. (Nach diesem Rechner) Also die Menge an schädlichem CO2 (und CO2-Äquivalente), für die 155 Autos ein Jahr lang brauchen um sie freizusetzen, schaffen NFTs und die Blockchain innerhalb von wenigen Sekunden.

Alternativen und Sinnhaftigkeit

Abschließend muss angemerkt werden, dass es bereits Alternativen zum "Proof of Work"-Mechanismus gibt, die weitaus weniger Strom verbrauchen. Viele NFTs nutzen aber trotzdem die Ethereum Blockchain, die noch immer mit dem "Proof of Work"-System arbeitet. Obwohl die neue Methode viel weniger Strom verbraucht als jenes System, das zurzeit auf der Ethereum Blockchain zum Einsatz kommt, ist der Stromverbrauch noch immer sehr hoch. Man sollte sich viel mehr die Frage nach dem Sinn von NFTs an sich stellen. Was bringt es mir als NFT Besitzer zu wissen, dass ich irgendwo in irgendeiner Datenbank als Besitzer eines digitalen Kunstwerks oder überhaupt nur als Besitzer eines Teils einer Kopie eines Kunstwerks eingetragen bin. Viele Leute hoffen natürlich, dass ihr NFT im Wert steigt und sie dadurch Gewinn machen können. Ein solches Denken führt aber auch nur dazu, dass Kunst sehr schnell zu einem austauschbaren Spekulationsobjekt verkommt.

Titelbild: Photo by Xavier von Erlach on Unsplash

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Matthias Hülser
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